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27 Mai
Sonntag, den 27.05.2018 09:30 Uhr Friedenskirche

Konfirmation „Glaube, Liebe, Hoffnung“

Predigt zur Konfirmation 2018

Liebe Chantal, Charlotte, Theresa, lieber Tim und David, liebe Festgemeinde,

an der Atlantikküste gibt es riesige, alte Häfen, die aussehen wie mächtige Festungen. Mit ihren gewaltigen Mauern wehren sie sich gegen Wind und Wetter. Und die Seeleute, die in so einem Hafen Schutz suchen, sind vor den allerhöchsten Wellen sicher. Und wenn sich das Meer dann beruhigt hat, und sie hinausfahren, wird die Mannschaft mit tausend Segenswünschen am Kai von ihren Lieben auf die Reise geschickt. Macht‘s gut! Kommt bald wieder! Bleibt gesund!

Auch für Euch, liebe Konfirmandinnen und Konfirmanden, ist heute so ein Tag. Und wir alle hier freuen uns mit Euch und wünschen Euch von Herzen Gottes Segen!

Bisher habt Ihr im Schutz Eures Hafens lenken und wenden geübt und schon manche Fahrt gewagt. Und wenn es stürmisch wurde, konntet Ihr ganz schnell wieder andocken, wie es in der Seemannssprache so schön heißt. Das könnt Ihr zwar auch weiter, aber Euer Bogen wird schon ein bisschen größer. Und aus der Sicht des Glaubens seid Ihr heute erwachsen. Denn Ihr entscheidet heute für Euch selbst und sagt „Ja“.

Wenn ich Euch so anschaue, wie strahlend und schick Ihr heute vor mir sitzt, dann kann ich es gar nicht glauben, dass es erst ein Jahr her ist, dass wir uns hier in der Friedenskirche getroffen haben. Aus Kindern werden eben Leute. Und ich durfte dabei sein. Ich bin so was von stolz auf Euch.  Und so wie ich Euch inzwischen kenne, bin ich mir 100%ig sicher, dass Ihr es mit fast jedem Wind und jeder Welle aufnehmen werdet.

Ich denke da z.B. an unsere Wanderung nach Worms. Auf dem Weg von A nach B ward Ihr einfach kleinzukriegen. Toll war das zuzugucken, wie Ihr Fußweh und mancher Schimpfkanonade getrotzt habt. Vom Sonnenbrand mal ganz zu schweigen. Eisern habt Ihr durchgehalten. Und Euch gegenseitig Mut gemacht. Und jetzt seid Ihr hier. An Eurem großen Tag.

Und schaut Euch doch jetzt mal um: Alle sind hier, die Euch lieb haben. Und die Ihr lieb habt. Alle freuen sich mit. Und was sie sich wünschen, nämlich Gottes Segen für Euch, das sehe ich hier jedem Einzelnen an der Nasenspitze an.

Ich habe Euch ein Boot mitgebracht. Es ist kein großes Schiff, sondern eins, das noch wachsen muss. Man kann damit wohl eher planschen, als hinausfahren. Und wir werden es mit an den Bodensee nehmen und es dort gleich ausprobieren. Heute Morgen aber brauche ich es, um Euch Lust zu machen, mit mir nun in Gedanken eine kleine Reise zu unternehmen.

Stellt Euch vor, so ein schönes Boot läge für Euch im Hafen und ist bereit zur Ausfahrt. Ihr wisst noch nicht genau, wo lang es geht, aber das Meer ist blau, die See ruhig und das reinste Bilderbuchwetter fährt mit.

Und jetzt kommt die Frage aller Fragen: Was nimmst Du mit auf Deine Bootsfahrt? Der Platz ist knapp. Das Höchstgewicht ist Dir klar und die Wassermenge auch. Und die Lebensmittel, die wetterfeste Kleidung, Dein Handy, Dein batteriebetriebene Lautsprecher, sowie weitere lebenswichtige Dinge hast Du ebenfalls auf Deinem Merkzettel.

Aber gehen wir jetzt mal einen Schritt weiter, weg von den Dingen, die

Du unbedingt dabei haben willst und musst, weg von dem Schlauchboot zum Anfassen hin zu Deinem Lebensboot:

Was ist Dir da so wichtig, dass Du es immer und überall dabei haben willst?

Was willst Du auf der Reise durch Dein Leben mitnehmen? Worauf willst Du nicht verzichten? Und was ist das Wichtigste in Deinem Lebensboot?

Und während Ihr Euch nun mit mir die Frage stellt, wird Euch vielleicht etwas ganz Überraschendes klar: Ich habe ja schon ganz viel dabei! In meinem Boot ist schon jede Menge drin, ohne dass ich es selbst eingepackt hätte.

Euer Boot ist randvoll mit der Liebe Eurer Eltern. Ihr habt mir immer wieder erzählt, wie wichtig sie Euch sind. Und auch wenn es auch mal Streit gibt und geben wird – und der

muss ja auch manchmal sein, weil er nun mal zum Alltag gehört – so wisst Ihr eines doch ganz genau: Die Liebe meiner Eltern lässt mich nie im Stich! Und Ihr könnt Euch darauf verlassen.

Ihr werdet nun mehr und mehr Eure eigenen Wege gehen. Und das ist gut so. Aber auch dann gilt: Die Liebe Eurer Eltern ist mit im Boot. Ihr nehmt sie mit, ob Ihr immer daran denkt oder nicht.

Und Eure Großeltern, Geschwister, und Freunde, Paten und viele andere, die auch zu Eurem Leben gehören, sind noch zusätzlich im Hintergrund und passen genauso auf Euch auf. Ihr bekommt also einen riesen Berg an Kraft mit auf die Reise.

Und ich hoffe sehr, dass Ihr auch etwas aus Eurer Zeit hier in der Friedenskirche mit an Bord nehmt. So unterschiedlich ihr seid, habt Ihr es ja immer wieder geschafft, Euch zusammenzuraufen und tolle Sachen auf die Beine zu stellen. Denkt nur an Euer Graffiti im Jugendraum und an Euren

Vorstellungsgottesdienst! Das habt Ihr gemeinsam zustande gebracht! Mit Euren Ideen und Eurer tollen Fantasie. Und wie sich unsere Gemeinde mit Euch freut, dass es Euch gibt und wie wichtig Ihr uns allen seid, das seht Ihr doch nun hier. Wir sind alle um Euch herum und feiern mit Euch mit!

Und ich, ich vermisse Euch jetzt schon. Und bin froh darüber, dass einige von Euch als Teamer in unserem Boot bleiben werden.

Und noch jemand ist mit in Eurem Lebensboot, ohne dass Ihr ihn seht. Er ist immer da. Wenn Ihr vor lauter Glück die ganze Welt umarmen könntet, wenn Euch das Wasser mal bis zum Hals steht, und wenn Ihr dann nicht weiterwisst, dann merkt Euch eins. Er ist da, wenn Ihr ihn braucht. Um Euch herum und in Eurem Herzen. Gott lässt sich nicht vertreiben. Vergesst das nie!

Nicht immer werdet Ihr seine Nähe in Eurem Leben direkt spüren. Es wird auch Zeiten geben, wo Ihr denkt, er sei ganz weit weg. Und wenn wir auf die vielen Kriege, auf das Leid und den Terror, dann ist das ja eine ganz ehrliche Frage: Wo bist Du denn? Sitzt Du wirklich mit in unserem Lebensboot? Kannst Du Dich denn überhaupt um uns alle kümmern?

Darauf gibt es keine einfachen Antworten. Und ich hoffe, dass Ihr aus unseren vielen Gesprächen in den letzten Monaten eins mitnehmt, nämlich dass Glauben nicht heißt, für alles eine Erklärung parat zu haben, sondern dass Glauben vielmehr bedeutet: dranzubleiben und unermüdlich weiterzufragen. Denn schon in dieser Frage, wo bist Du denn, steckt doch die Sehnsucht von seiner Nähe.

Unsere Welt braucht Menschen, die sehnsüchtig und mit ihrer Sehnsucht unbequem sind, die fragen, suchen und sich nicht zufrieden geben. Weil sie Gott vertrauen, dass seine Zukunft für diese Welt wunderbarer ist, als wir uns das erträumen können. Weil sie Gott vertrauen, dass er es gut mit uns meint und auch mit dieser Welt. Weil sie sich Gott anvertrauen und aus seiner Liebe leben. Wie die Jünger, von denen wir eben im Evangelium gehört haben. Auch sie fragen: Wo bist Du, Gott?

Das Evangelium berichtet uns heute, wie die Wellen schon über Bord schlagen, der Sturm an die Bootswände schlägt und die Jünger verzweifelt sind. Sie suchen ihren Herrn und Meister. Und sie finden, so erzählt der Evangelist Markus, tiefschlafend auf einem Kissen. Er ist die Ruhe mitten im Sturm. Und plötzlich breitet sich seine Ruhe auch auf sie aus. Wenn er schläft, hoffen sie, kann es so schlimm nicht sein. Und obwohl die Stürme ringsherum weitertoben. Und sie sich darüber auch aufregen, fühlen sie, dass ihnen nichts passieren kann. Und es ist so.

Ich wünsche Euch, liebe Konfirmanden, dass auch Ihr Gott immer

wieder sucht und findet. Ich wünsche Euch von Herzen, dass Ihr Euch dann

ebenso beruhigt und getröstet fühlt wie die Menschen damals im Boot. Ich wünsche Euch von Herzen das Vertrauen, dass er Euch heil ans Ufer bringt. Und ich wünsche uns, dass Ihr nie aufhört nach ihm zu fragen und ihn einzuklagen in unserer Welt.

Auf den Liedblättern findet Ihr, finden Sie alle, liebe Gemeinde, lauter bunte Aufkleber. Es sind kleine Herzensanker, jene Zeichen, die sich wettergegerbte Seeleute auf der Brust tätowieren lassen. Warum? Weil es das ist, was sie unbedingt dabeihaben wollen, wenn ihnen mal das Wasser bis zum Hals steht und sie nur ihre Haut retten können. Es ist das alte Zeichen für Glaube, Hoffnung, Liebe. Von ihnen schreibt Paulus im ersten Brief an die Gemeinde in Korinth:

Als ich ein Kind war, da redete ich wie ein Kind und dachte wie ein Kind und

war klug wie ein Kind; als ich aber ein Mann wurde, tat ich ab, was kindlich

war. Wir sehen jetzt durch einen Spiegel in einem dunklen Bild; dann aber

von Angesicht zu Angesicht. Jetzt erkenne ich stückweise; dann aber werde

ich erkennen, gleichwie ich erkannt bin. Nun aber bleiben Glaube, Hoffnung,

Liebe, diese drei; aber die Liebe ist die größte unter ihnen.

Liebe Gemeinde, vielen von ihnen sind diese Worte sehr vertraut und wecken

vielleicht Erinnerungen an den schönsten Tag ihres Lebens. Denn sie gehören ja bis heute zu einem der beliebtesten Lesungstexte, wenn sich zwei das Jawort geben.

Sie stärken nämlich und machen Mut, hinauszufahren, die Segel zu hissen und uns dem Leben zu stellen. Und auch Ihr, liebe Konfirmanden, seid gemeint!

Denn Paulus nennt doch auch das Ziel unserer Reise. „Von Angesicht zu Angesicht“ sagt er. So nahe ist Gott uns dann also, dass wir ihm direkt in die Augen schauen können. „Ich werde erkennen, gleichwie ich erkannt bin“, schreibt Paulus ein bisschen kompliziert. Was er damit meint, versteht Ihr vielleicht besser, wenn Ihr Euch an einen Menschen erinnert, von dem Ihr Euch ganz besonders verstanden fühlt. Denn es gibt ja leider immer wieder mal Zeiten, da fühlen wir uns von niemanden verstanden. Wie schön ist es dann, wenn da jemand ist, der mich versteht, so wie ich bin, ja, der mich vielleicht manchmal besser versteht, als ich mich selbst. Das sind Momente, wo wir ankommen und zuhause sind. Und Paulus ist sicher: Am Ziel aber auch unterwegs auf unserer Reise gibt es einen, der uns ganz und gar versteht.  Und der Glaube an ihn, der uns so den Rücken stärkt, dass wir die Segel in den Wind stellen und uns vom seinen Geist Hand nehmen lassen, die Hoffnung, die den Anker in den

Himmel wirft und die weiß, dass es mehr gibt als das, was vor Augen ist, und die Liebe, die unser Herz leicht und weit und groß macht, sie sind das Allerwichtigste. Ohne sie geht gar nichts. Und ohne die Liebe geht schon mal überhaupt nichts.

Sie ist Euer Kompass. Und wenn Ihr mal nicht weiterwisst, oder vor eine schweren Entscheidung steht, dann geht dorthin, wo die Liebe wachsen kann und mit ihr das Vertrauen und die Hoffnung.

Als kleine Erinnerung an Eure Konfirmation wollen wir Euch dieses Armband mit dem Ankerkreuz der Seeleute schenken. Dieses Kreuz möge Euch daran erinnern, dass Ihr alles an Bord habt, was Ihr braucht. Möge es Euer Kompass sein und bleiben. Haltet es in Ehren. Und mag es Euch ab und zu auch daran erinnern, wie fröhlich, aber auch wie nachdenklich wir hier miteinander waren.

Und eins versprechen wir Euch alle hier: Ihr seid nicht allein auf Eurer Fahrt. Eine ganze Armada von Booten ist um Euch herum. Und im Grunde sitzen wir ja alle im selben Boot. In einem, das sich Gemeinde nennt. Denn wir sind gemeinsam unterwegs und vertrauen uns Gottes Geist an. Und der, der ist immer bei uns. Er ist der Wind in unseren Segeln. Er ist die Welle, die uns trägt. Er ist das Licht, das uns über unseren kleinen Horizont immer wieder hinausschauen lässt. Bleibt von ihm immer behütet, bleiben Sie alle immer behütet! Amen

 

Pfarrerin Henriette Crüwell, Konfirmation 2018

Wir freuen uns auf Ihren Besuch in der Friedenskirche in Offenbach am Main.